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Der weibliche Weg
von Silja de Maddalena I 20.09.2022

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Das männliche und das weibliche Prinzip

 

Auf der Suche nach mir selbst, habe ich mich vermehrt mit dem Thema Weiblichkeit auseinandergesetzt. Was heisst es, eine Frau zu sein? Was ist Weiblichkeit? Wie kann ich die vermehrt leben? Als erstes hat es mich schon mal erstaunt, wie wenig ich darüber wusste. Obwohl ich eine Frau bin. Ich habe mit vielen Frauen über dieses Thema gesprochen, aber nur mit wenigen, die ein klares Gefühl dafür haben, was Weiblichkeit ist. Ich habe Bücher zum Thema gelesen und auf dem Internet rechechiert. Und die Meinungen gehen da zum Teil auch auseinander. Auch verwirrlich ist, dass sowohl Männer als auch Frauen beide Prinzipien in sich vereinen. Das Männliche und das Weibliche. Frauen sind nicht ausschliesslich weiblich und Männer sind nicht ausschliesslich männlich. Wir haben beides in uns, brauchen beides um unser volles Potential entwickeln zu können.

 

In der Psychosynthese unterscheiden wir die zwei Polaritäten Wille & Liebe. Diese zwei haben verschiedene Zuordnungen. Der Wille ist dem männlichen Prinzip zugeordnet, die Liebe dem weiblichen Prinzip. Das heisst nicht, dass Männer keine Liebe kennen und Frauen keinen Willen haben. Beide Geschlechter (und auch alle Lebewesen die sich weder dem einen noch dem anderen zuordnen) verfügen über beide Qualitäten, sie sind einfach unterschiedlich «betont». Frauen und Männer werden in unserer Gesellschaft auch anders erzogen (wobei das vor 30 Jahren noch extremer war als heutzutage). Dadurch wird das jeweilige Prinzip in uns zusätzlich geschult und betont. In der Psychosynthese wird immer wieder die Gleichwertigkeit beider Prinzipien betont und es wird eine Art Symbiose angestrebt. Der liebende Wille.

 

Ich habe stark den Eindruck, dass in unserer patriarchal-sozialisierten, wirtschafts-orientierten Gesellschaft, das männliche Prinzip, bzw. Zerrformen davon, grundsätzlich mehr Gewicht haben, als das Weibliche. Das ganze leistungsorientierte Wettbewerb-Denken erfordert von uns einen starken Willen und die Empathie steht uns dabei häufig im Wege. Logik wird der Intuition übergeordnet. Um in dieser Gesellschaft mithalten zu können, müssen wir immer besser, schneller, profitabler werden. Um immer mehr zu erschaffen, gehen wir buchstäblich über Leichen und beuten die Natur – unsere Lebensgrundlage – aus. Sowohl Männer als auch Frauen. Wir leben in einer Gesellschaft, die das Weibliche seit vielen Generation unterdrückt, belächelt oder gar verleugnet hat. Und das zeigt sich nun in einem Ungleichgewicht in diversen Bereichen. Ich bin davon überzeugt, dass wir nur dann «gesunden» können, wenn wir das weibliche Prinzip, sowohl in Männern und Frauen, als auch in unserer Gesellschaft stärken, und auch wieder lernen, eine gesunde männliche Energie zu leben. Nur wenn längerfristig beide Prinzipien im Gleichgewicht und in einer gesunden Form gelebt werden, können wir als Menschheit auf diesem wundervollen Planeten in einem friedlichen und liebevollen Miteinander leben, und uns dabei gleichzeitig unserer Fortschritte und Errungenschaften erfreuen.

 

 

Was genau zeichnet nun das weibliche bzw das männliche Prinzip aus?

 

Beim weiblichen Prinzip geht es darum, alles miteinzubeziehen. Die Vielfältigkeit der jeweiligen Qualitäten der Einzelnen, ergänzen und erweitern sich gegenseitig. Jedes und Jeder soll einen Platz haben, wir sind alle miteinander verbunden, und deshalb ist es ein Miteinander. Das weibliche Prinzip ist sich bewusst, dass die Gesundheit und Zufriedenheit von ALLEN Lebewesen UND der Erde wichtiger ist als das Wachstum unserer Wirtschaft. Nur durch Nachhaltigkeit können wir uns unsere Lebensgrundlage, die Erde, erhalten. Das weibliche Prinzip nimmt auf und transformiert, es ist Schöpferisch und Kreativ. Die weibliche Energie ist erschaffend, bringt Ideen in die Manifestation. Sie füllt das Leben mit Freude und Leichtigkeit, behält den Blick fürs «Grosse Ganze». Sie ist intuitiv, fühlend. Sie ist diffus, in die Tiefe und Breite zerfliessend, strömend, emotional und ohne Form. Es ist ein zyklisches Prinzip. Das weibliche Prinzip findet seine Kraft in der Hingabe und der Annahme. Es bezieht Energie aus der Erde und drückt sich im Körper aus. Das weibliche Prinzip ist überfliessende Liebe und dient in erster Linie sich selbst. Es muss sich (sich selbst) hingeben können, damit es schöpferisch tätig sein und «gebären» kann. Durch ihren Körper hat die Frau eine direkte Quelle zur unerschöpflichen urweiblichen Energie. Da es ein empfangendes, passives Prinzip ist, braucht es das aktiv Männliche. Damit dieses Männliche diese überfliessende Liebe und die «geborenen Früchte» pflückt, und so Platz für Neues schafft.

 

Das gesunde männliche Prinzip ist aktiv, fokussiert und verstandesbasiert. Nie hätte die Menschheit all diese Erfindungen, all diese Optimierung erlangt und wäre so weit gekommen, wäre da nicht das männliche Prinzip am Werke gewesen. Die Zielgerichtetheit, die schier endlosen Kraft und der Wille, Dinge zu verbessern, ins Detail zu gehen und Dinge gesondert zu betrachten. Die Impulskraft der männlichen Energie, der Ideenreichtum, der geistige Fokus. Sie ist gebündelt, dynamisch, kämpferisch, nach oben und vorne gerichtet. Es geht um die Individualität des Einzelnen, um Wettbewerb, und Sieg über den Anderen. Das männliche Prinzip bezieht die Energie aus dem Himmel und drückt sich über den Verstand aus. Das männliche Prinzip gibt Struktur, hält und beschützt das Weibliche und das Leben allgemein, und ist ein gebendes Prinzip. Seine Aufgabe ist es, das Weibliche zu tragen und zu beschützen, es zu umsorgen und es zu lieben, so dass das Weibliche sich seiner Aufgabe, dem «sich hingeben» und «gebären» widmen kann.

 

Und erst die Verbindung des männlichen und des weiblichen bewirkt, dass sich das ganze fruchtbare Potential entfalten kann. Beide Energien können sich nur in der Gemeinschaft mit der jeweils Anderen zur ganzen Stärke entfalten. So können die Impulse und Ideen des Männlichen, nur mit der schöpferischen Kreativität des Weiblichen, Gestalt annehmen. Und die überfliessende Kreativität des Weiblichen, kann sich nur in der Sicherheit und Struktur (die das Männliche ihm gibt) durch seine Hingabe voll entfalten. Wofür wäre all das männliche Geben gut, wenn niemand es empfangen würde? Was nützt das Verständnis (männlich) einer Lehre, ohne dass wir sie annehmen und verinnerlichen (weiblich)? Wie kann ich manifestieren (weiblich) ohne einen Impuls (männlich) zu haben? Auch ist für manche Aufgaben eher das männliche als das weibliche Prinzip hilfreich und umgekehrt, für die meisten ist eine Symbiose beider Prinzipien optimal.

Zurück zum weiblichen Weg

 

Wenn ich nun diese zwei Prinzipien betrachte, und die daraus gewonnene Erkenntnis auf die Persönlichkeitsentwicklung bzw Spiritualität übertrage, macht dies für mich schon leicht unterschiedliche Entwicklungs-Wege wahrscheinlich. Nicht dass ich mich als Frau nicht auf einen «männlichen» Weg einlassen kann und damit erfolgreich sein kann oder umgekehrt. Ich selbst mache die Erfahrung, dass es sich für mich als Frau, auf einem explizit männlichen Weg, oftmals nicht ganz stimmig anfühlt. Ich mich irgendwie übermässig anstrengen muss, um dann doch nicht ganz das gewünschte Resultat zu erzielen. Ich kann eine Methode / Theorie mit dem Verstand voll und ganz nachvollziehen, aber ich fühle sie nicht und entsprechend bleibt sie nicht wirklich hängen. Sie bleibt im Verstand stecken, anstatt im Herzen anzukommen...

 

Vielleicht ist es einfach so, dass für mich als Frau explizit weibliche Methoden grundsätzlich stimmiger sind und mir «leichter fallen» und klarere Ergebnisse bringen, als männliche. So gehe ich davon aus, dass als Frau für mich der Zugang über meinen Körper, meine Gefühle und meine Intuition besonders wichtig ist. Leider haben wir in unserer Gesellschaft die natürliche, liebevolle Verbindung zu unserem Körper oft völlig verloren. Wir unterwerfen uns uniformen Schönheitsidealen, fühlen uns falsch und hässlich, wenn unser Körper diesen Idealen optisch nicht entspricht, und fangen an, eine Abneigung gegen den eigenen Körper zu entwickeln. Die Werbung zeichnet ein klar definiertes Bild davon, was «richtig» und «erfolgreich» ist, und dies kann dazu führen, dass wir unseren Wert über unser Aussehen definieren.

 

Als Frau habe ich mein Kraftzentrum in meiner Gebärmutter. Sie hat zum einen die unglaubliche Fähigkeit Leben zu erschaffen, zum andern reifen in ihr auch unsere geistigen und seelischen Kreationen. Weil aber der weibliche Zyklus und mit ihm auch die Gebärmutter in unserer Gesellschaft grossen Tabus unterliegen und immer noch viel zu wenig offen darüber gesprochen wird, empfinden wir die Gebärmutter oft als suspekt oder machen uns wenig Gedanken darüber. Wir haben oft kaum einen Bezug zu ihr, sind uns vor allem der Schmerzen während des Zyklus bewusst und lehnen sie deshalb eher ab, als dass wir ihre Genialität bewundern oder sie gar als unser Kraftzentrum wahrnehmen.

 

Gerade als Frau, brauche ich eine liebevolle und aufmerksame Verbindung mit meinem eigenen Körper einzugehen. Mich in meinen Körper hineinfühlen, mich darin niederzulassen, anstatt nur sein Aussehen zu bewerten. Es ist wichtig, die Wahrnehmung meiner Empfindungen, meiner Gefühle und meiner Intuition zu schulen. Das Herz weist mir meinen Weg – ich brauche zu lernen, darauf zu hören und meiner Intuition zu vertrauen. Es braucht viel Mut, mich wieder voll und ganz zu fühlen, und mich entsprechend zu verhalten – ganz egal was andere davon halten und wie andere mich dafür bewerten. Ich brauche nicht so zu sein wie die anderen. Ich brauche keinen Normen zu entsprechen und keinen Idealen zu genügen. Ich brauche mich zu getrauen, MICH SELBST zu sein. DA liegt meine Kraft…

 

Ich denke, dass sich in dieser Hinsicht gerade sehr viel am Bewegen ist, und bin sehr dankbar dafür. Ich höre immer mehr von Frauenkreisen, von Frauen-Workshops zu den Themen Gebärmutter, Yoni, Körperbewusstsein, weibliche Spiritualität etc. Ich empfinde es als unglaublich wichtig, dass wir Frauen uns vernetzen und anfangen uns selbst und auch untereinander, mehr nach dem weiblichen Prinzip zu begegnen. Mehr das Zusammenbringen der Vielfalt unserer Qualitäten zu feiern, anstatt uns immer mal wieder als Konkurrentinnen zu betrachten.

 

Du brauchst nicht alles selbst zu erreichen und selbst zu erarbeiten. Der weibliche Weg ist die Hingabe an sich selbst und das in Verbindung gehen. In Verbindung zur eigenen Mitte, zum eigenen Körper, zur Mutter Erde, zu anderen Frauen zum Grossen Ganzen. Unsere Kraft ist die des Herzens, und in der Verbindung potenzieren sich unsere Kräfte.

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